Altenstädter Gesellschaft für Geschichte und Kultur e.V.
Miltenberg - Perle des Mains
In diesem Jahr führte die Tagesfahrt der Altenstädter Gesellschaft für Geschichte und Kultur e.V.
in das mittelalterliche Städtchen Miltenberg am Main, das auch wegen seiner Schönheit als
„Perle des Mains“ bezeichnet wird. Am Vormittag des Samstag, 05. Mai, um 8.30 Uhr startete die
Fahrt mit einem 30 Personen-Bus am Bahnhof Altenstadt. Nachh der Ankunft in Miltenberg nach
etwa einer Stunde besuchten wir zuerst die am Orteingang in einem alten Friedhof liegende
Laurentiuskapelle, ein gotischer Bau aus dem Ende des 14. Jahrhunderts. Der Zugang zum
Kircheninneren ist jedoch nur im Rahmen von Führungen möglich, die Kirchtüre war somit für
uns verschlossen. Durch die niedrigen Kirchenfenster konnte man nur einen etwas
verschleierten Blick auf die alten Freskenmalerein erhaschen. Ein Highlight des Friedhofs sind
die Grabstätten alter, angesehener Miltenberger Familien, mit meisterhaften Steinmetzarbeiten
aus Miltenberger Sandstein, die wir bei einem Rundgang ausgiebig bestaunten. Pünktlich um 10
Uhr trafen wir auf dem Engelsplatz vor dem Rathaus auf die beiden schon wartenden
Stadtführer. In zwei Gruppen aufgeteilt
begann nach einführenden Worten die
„klassische Stadtführung“ durch die
Altstadt. In eineinhalb Stunden brachten
uns die kompetenten Führer, beide echte
Miltenberger Urgesteine, die wechsel-
volle Geschichte der Stadt und ihre
Sehenswürdigkeiten, vor allem die
wundervoll gestalteten Fachwerkbauten
und künstlerischen Sandsteinfassaden,
nahe. Die Führungen enden am
historischen Marktplatz mit seinem
Brunnen und den einmaligen Fachwerk-
bauten, einem der meist fotografierten
Plätze weit und breit.
Die Ursprünge der Besiedelung des Ortes reichen bis in vorchristliche Zeiten zurück, in der
Kelten einen Ringwall am Berghang oberhalb der Stadt errichteten. In römischer Zeit war hier ein
bedeutender geographischer Ort, da der „nasse Limes“, wie der Main als Grenzfluss des
Limesverlaufs bezeichnet wird, von Norden kommend hier endete und in den befestigten Limes
überging, der sich dann nach Süden bis zur Donau erstreckte. Reste von Grenzkastellen sind
nachgewiesen. Auf den Trümmern des westlichen Kastells entstand nach der Römerzeit eine
Siedlung namens Walhusen, der jedoch kein langes Leben beschieden war, da sie in
kriegerischen Auseinandersetzungen um die Vorherrschaft in diesem Gebiet von Truppen
Mainzer Bischöfe dem Erdboden gleichgemacht wurde. Der Ort Miltenberg, eine mittelalterliche
Gründung, wurde im Jahre 1237 erstmals als Mainzer Besitz urkundlich erwähnt. Daher feiert
Miltenberg in diesem Jahr sein 775-jähriges Bestehen. Durch seine günstige Lage am Fluss
entwickelte sich Miltenberg sehr rasch. Es dehnte sich im 14. Und 15. Jahrhundert in einem
schmalen Band, eingeengt von steil ansteigenden Bergen entlang des Mains nach Ost und West
aus. Das Würzburger- und das Mainzer Stadttor künden noch heute von dieser Ausdehnung mit
etwa 2 km Länge. Die Einwohnerzahl wuchs auf 4000 Personen an, eine stattliche Zahl in der
damaligen Zeit. In der Reformationszeit wehrten sich die Miltenberger, unterstützt durch das in
dieser Zeit neu gegründete Franziskanerkloster erfolgreich gegen alle Bemühungen der
Reformatoren, sie zur neuen Glaubensrichtung zu bekehren. Im 30-jährigen Krieg wurde auch
Miltenberg von durchziehenden Truppen stark heimgesucht und in Mitleidenschaft gezogen. Der
Reichtum der Miltenberger in den Zeiten außerhalb des Krieges beruhte vor allem auf dem
Weinanbau und dem Handel mit Wein, Getreide und anderen Produkten. Die Lage an der
Hauptverbindungsstraße zwischen Frankfurt und Nürnberg, in Verbindung mit dem
Umschlagplatz vom Land- auf den Wasserweg, begründete die große wirtschaftliche Bedeutung.
Auch mit der Wetterau als Kornkammer in der damaligen Zeit hatte Miltenberg wirtschaftliche
Beziehungen.
Im Jahr 1803 endete die glorreiche Zeit für Miltenberg mit dem Deputationshauptschluss, dem
letzten Gesetz des in Auflösung befindlichen „Heiligen Römischen Reiches“. Die linksrheinisch
gelegenen deutschen Gebiete mussten gemäß dem Friedens-schluss von Luneville an
Frankreich abgetreten werden und die Fürstenhäuser bekamen für ihre verlorenen
linksrheinischen Besitztümer neue Gebiete zugeteilt, die durch die Auflösung kirchlicher
Besitztümer frei wurden (Säkularisation). So wurden Miltenberg und Amorbach mit seinem
bedeutenden Kloster dem Fürstenhaus Leiningen zugeschlagen. Hier blieb es jedoch nicht lange
und kam wenige Jahre danach zum Kurfürstentum Baden.
Auch diese Zugehörigkeit war kurz, es folgte ein Anschluss
an Hessen-Darmstadt, bis es dann im Jahr 1816 endgültig
zum Königreich Bayern kam. Hierbei ist es geblieben und
somit gehört Miltenberg nun zum Nachfolgestaat des
Königreiches, dem Freistaat Bayern. Wegen der Grenzlage
zu Hessen und Baden am nordwestlichsten Zipfel Bayerns
wird Miltenberg auch scherzhaft das Barthaar des
bayerischen Löwen genannt.
An die Stadtführungen schloss sich um 12 Uhr ein
Mittagessen im ältesten Gasthaus Deutschlands, dem
„Gasthaus zum RIESEN“ an. In diesem Gasthaus wurden
im Lauf der Jahrhunderte schon viele berühmte
Persönlichkeiten bewirtet. So im Jahr 1158 Kaiser Friedrich
I. „Barbarossa“, 1368 Kaiser Karl IV., 1518 Martin Luther,
1520 Albrecht Dürer und 1959 auch Elvis Presley. Als
Mittagessen wurden zum überwiegenden Teil wurden die
„Miltenberger Rossäpfel“ geordert, ein Gericht aus 2
Leberknödeln mit einer Speck-Dunkelbiersoße, dazu
Sauerkraut und Bratkartoffeln. Die reichhaltige
Getränkekarte mit ausgefallenen Biersorten aus der
Miltenberger Brauerei Faust, und mit Weinen der Region
lies keine Wünsche offen.
Die Museumsbesucher konnten zwischen zwei Orten wählen: dem Stadtmuseum am Marktplatz
mit Dokumenten der Geschichte Miltenbergs und seiner wirtschaftlichen Entwicklung, sowie dem
im vergangenen Jahr neu eröffnete Burgmuseum mit seiner Kunstsammlung aus wertvollen
Ikonen und moderner zeitgenössischer Malerei und Skulpturen. In freier Auswahl bildeten sich
zwei etwa gleichgroße Gruppen von 15 Personen – eine ideale Größe für eine Führung. Da für
die Museumsführungen nur etwa 1 Stunde Zeit zur Verfügung stand, konnte uns nur ein grober
Überblick vermittelt werden, der für etliche Teilnehmer Anlass zu einem nochmaligen Besuch zur
Vertiefung der sehenswerten Schätze sein wird.
Die mittelalterliche Burg oberhalb der Stadt hat ihren Ursprung im 13. Jahrhundert. Sie wurde als
Zollstation durch das kurfürstliche Mainz erbaut. Die Burg war somit keine Ritterburg, sondern
beherbergte Amtspersonen. Sie ging im 19. Jahrhundert in Privatbesitz über, verfiel mit der Zeit
und wurde im Jahr 1967 von der Stadt Miltenberg gekauft. Nach langwierigen Planungen kam
schließlich
das Museumskonzept als Außenstelle des Diözesanmuseums Würzburg zum Zuge. Die Burg
wurde aufwendig restauriert und ist heute ein Schmuckstück für Stadt und Region. Der
atemberaubende Blick von der Burgterrasse auf das Maintal reicht weit flussauf- und auch
flussabwärts, da Miltenberg genau an dem südwestlichen Knick des Mainvierecks liegt.
Das Ausflugsschiff SIVONA erwartete die Gruppe um 15.00 Uhr zu einer eineinhalbstündigen
Rundfahrt durch das malerische Maintal. Die Fahrt führte bis kurz vor den Ort Freudenberg, wo
man der Ruine der Freudenburg zuwinken konnte. Kaffee, Kuchen und Getränke aller Art wurde
auf dem schmucken Schiff angeboten.
Wieder an Land, fuhren wir dann über den Nachbarort Großheubach hinauf zum Kloster
Engelberg, dem weithin bekannten Wallfahrtsort mit der berühmten Klosterschänke. In einem für
uns reservierten Raum konnten wir das gute dunkle Bier und den Emmentaler Käse mit dem
guten Klosterbrot als Abschluss des Tagesprogramms genießen. Eine besondere Augenweide
bot uns ein Brautpaar, welches gerade bei unserer Ankunft zusammen mit der
Hochzeitsgesellschaft das Haupttor der Kirche verließ. Der Klostershop hatte abschließend auch
noch einiges zu bieten, insbesondere das Klosterbrot nach einem eigenen Klosterrezept
hergestellt, fand seine Liebhaber.
Voller Eindrücke von dem schönen Tagesablauf bestiegen wir um 18 Uhr schließlich den Bus zur
etwa einstündigen Heimfahrt.
Altenstadt, 06. Mai 2012
August Trützler